Proteine & Fett

Ich stelle in den Gesprächen mit Klientinnen und Bekannten immer wieder fest, dass viele Frauen sich relativ gesund ernähren. Sie essen viel Gemüse, Vollkornprodukte, verzichten auf Zucker, reduzieren vielleicht sogar Kaffee und Alkohol. Allerding habe ich den Eindruck, die meisten Frauen – mich lange Jahre eingeschlossen – essen zu wenig hochwertige Fette und Proteine. Jahrzehntelanges Predigen einer fettarmen Diät hat seine Spuren in unseren Köpfen und Gewohnheiten hinterlassen. 

Wie ich bereits mehrfach erwähnt habe, sind sich die Experten bei Fragen wie Gemüsevielfalt, Reduktion des Zuckerkonsums, vermeiden von Transfetten und Fertigprodukte überwiegend einig. Wirklich umstritten ist eigentlich nur das Thema tierische Proteine! Hier geht es vor allem um Fragen des Tierwohls, der Umweltbelastung und der Qualität und Quantität von (rotem) Fleisch und Milchprodukten.  

Ich habe eigentlich erst durch die Epigentik Ausbildung wirklich verstanden, wie wichtig es ist, dass wir täglich (!) alle essenziellen Aminosäuren und hochwertige gesättigte und ungesättigte Fettsäuren zu uns nehmen. 

Zunächst ist es so, dass Kohlehydrat-reiche Ernährung unseren Glukose- und Zuckerspiegel im Blut erhöhen, was auf Dauer ein Stress Faktor für den Körper ist und mit allen Zivilisationskrankheiten von Diabetes, über Herzgefässkrankheiten bis Krebs in Verbindung gebracht wird. Eine Mahlzeit reich an Phytonährstoffen, Proteinen und guten Fetten hingegen, erlaubt es, den Insulinspiegel zu stabilisieren und macht uns nachhaltig satt. Letztlich müssen wir dadurch sogar weniger essen.  

Kommen wir zum Fett: unsere Zellwände und unsere Hormone bestehen aus Fett. Unsere Zellwände bestehen aus sogenannten Phospholipiden, die aus einer optimalen Kombination von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren zusammengesetzt sein sollten, damit sie nicht zu durchlässig sind und die Zelle schützen und zugleich durchlässig genug sind, um die «richtigen» Stoffe herein und hinaus zulassen. Was es nicht braucht sind Transfette aus Chips, industrieller Eiscreme, Keksen, Frittiertem.  

Auch unsere Hormone bestehen aus Fett und zwar aus «gutem» Cholesterin (high density cholesterol). Das bedeutet, dass wir sowohl unsere ungesättigte Omega 3 Fettsäuren aus fettem Fisch, fettiger Weidemilch, Algenöl und Leinöl, wie auch gesättigte Fettsäuren aus Olivenöl und Kokosfett zu uns nehmen sollten.  

Nun zu den Proteinen: alle Prozesse in unseren Zellen brauchen Aminosäuren, die Bausteine der Proteine. Die «Türchen» in den Zellwänden (auch in den Wänden der Mitochondrien), sind aus Proteinen. Nur wenn sie funktionieren, kommen die «richtigen» Stoffe hinein in und hinaus aus der Zelle. Um unsere Genexpression zu ermöglichen, braucht es Aminosäuren. Aus diesen werden dann Proteine gebaut, die für alle Prozesse im Körper gebraucht werden.

Wenn wir nicht über alle, bzw. nicht über genug essenzielle Aminosäuren verfügen (die Aminosäuren, die der Körper nicht selbst bauen kann, sondern über die Nahrung zu sich nehmen muss), können wir gar keine Proteine bauen.  

Proteinmangel kann daher auf Dauer zu verschiedensten Krankheiten, von Mitochondriopathien bis zu Autoimmunerkrankungen beitragen. Auch kann eine solche Mangelernährung mit Fettpölsterchen in Zusammenhang stehen. 

Nun kommen diese essenziellen Aminosäuren leider nicht alle in Pflanzen vor. Daher ist es nicht einfach, alle Aminosäuren, v.a. mit einer veganen Diät, täglich zu sich zu nehmen.  

Ich selbst war fast 30 Jahre Vegetariern und habe mich vor einigen Jahren dafür entschieden, wieder mehr Tierprodukte zu essen, um die tägliche Aufnahme aller essenziellen Aminosäuren sicher zu stellen, damit alle Prozesse im Körper optimal ablaufen können. Ich muss mich immer noch daran gewöhnen und die ethische Frage lässt sich für mich hier auch nicht ganz lösen! Ich versuche eine Mischung hinzubekommen: Eier vom Bauern, ab und an eine Hühnerbrühe vom ganzen Huhn, einmal die Woche 100gr Weide-Fleisch von zwei Bauern, die ich kenne und die das Tierwohl hochhalten. Mein Prinzip ist: desto besser das Leben des Tiers, desto besser für meine Gesundheit! Desto ökologischer das Tier gehalten wurde, desto besser für mich. 

Bei vegetarischen Gerichten orientiere ich mich an den traditionellen Kombinationen wie z.B. Humus (Kichererbsen mit Sesam), die klassicherweise alle Aminosäuren beinhalten. 

Bei Milchprodukten versuche ich solche zu kaufen, die von Kühen stammen, die Heu statt Kraftfutter gefüttert bekommen und wo die Kälber bei ihren Müttern bleiben können. Bei der Demeter Zertifizierung ist das z.B. der Fall. Klar, dass der Liter Milch nicht so super billig sein kann, wie konventionelle Milch! 

Lass mich hier noch ein konkretes Beispiel aus dem 8-wöchigen Women's Wellness Kurs von Carron Howard und mir geben, welches die Wirkung der verschiedenen Makronährstoffe aufzeigt: Nehmen wir an, Constanze und Carron haben das gleiche kalorienreiche Frühstück mit etwa 450 Kalorien. Constanze isst 2 gekochte Eier, etwas Spinat und Tomaten, die in Avocadoöl sautiert wurden, sowie etwas Räucherlachs. Carron hingegen isst ein Müsli mit Hafermilch und eine halbe Banane. Nach dem alten Modell von Kalorienzufuhr und Kalorienabfuhr sollte es keinen Unterschied machen, was die einzelnen Personen gegessen haben. Constanzes Mahlzeit mit Eiern, Lachs und Spinat ist jedoch sehr eiweißreich (39 g), enthält gute gesunde Fette (27 g) und wenig Kohlenhydrate (3 g). Carrons Frühstück hingegen enthält sehr viele Kohlenhydrate (68 g), wenig Eiweiß (8 g) und wenig Fett (13 g). Die Auswirkungen auf unseren Körper werden völlig unterschiedlich sein. Aufgrund des hohen Anteils an Kohlenhydraten im Müsli und in der Banane, die in Glukose (Zucker) umgewandelt werden, sobald sie aufgespalten sind, muss der Körper die Glukose dringend aus dem Blutkreislauf entfernen, denn Glukose im Blut ist sehr gefährlich. Das bedeutet, dass der Körper gezwungen ist, Insulin aus der Bauchspeicheldrüse auszuschütten. Die Aufgabe des Insulins ist es, die "gefährliche" Glukose/den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen. Die übrige Glukose, die die Zellen nicht schnell für Bewegung oder normale Funktionen nutzen können, wird in Fett umgewandelt. Toll, genau das, was wir alle wollen...

Die Mahlzeit von Constanze würde höchstwahrscheinlich nur einen geringen Anstieg des Insulinspiegels verursachen, da die Kohlenhydrate sehr gering sind (3 g im Vergleich zu Carrons Müsli mit Banane mit 68 g!) und die Mahlzeit von Constanze einen hohen Anteil an Eiweiß und Fett enthält, die dazu beitragen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren (selbst wenn sie mehr Kohlenhydrate zu sich genommen hätte). Ihr Körper schüttet also nur wenig Insulin aus, die wenige Glukose gelangt in ihre Zellen wo Energie produziert wird, und es wird keine überschüssige Glukose als Fett gespeichert. Zweitens enthält die Mahlzeit von Constanze eine ganze Reihe hervorragender Phytonährstoffe aus dem Spinat, großartige Eiweißquellen für verschiedene Prozesse im Körper aus den Eiern und dem Lachs, die Vitamine B12 und B6 und die guten gesunden Fette sind voller Omega-3, die entzündungshemmend wirken.

Das Müsli von Carron besteht im Wesentlichen aus Kohlenhydraten, die in Zucker aufgespalten werden, möglicherweise auch aus Ballaststoffen und gesunden Nüssen. Die Hafermilch enthält möglicherweise Rapsöl, das entzündungsfördernde Omega-6- Fettsäuren enthält und daher nicht so gesund ist. Obwohl Carrons Müsli also lecker schmeckt, wird das Ergebnis sein: Ein Anstieg des Blutzuckerspiegels durch die vielen Kohlenhydrate. Das Insulin muss zur Stelle sein, um den Zucker/Glukose aus den Blutgefäßen in die Zellen zu befördern, bzw überschüssige Glukose in Fett umzuwandeln und für späteren Energiebedarf zu speichern.  

Darüber hinaus wird Cortisol ausgeschüttet, um dem Körper zu helfen, mit dem Stress dieser Mahlzeit umzugehen, die aufgrund des hohen Zuckergehalts potenziell entzüdungsfördernd ist. Cortisol ist ein Hormon, das von den Nebennieren als Teil der Kampf- oder Fluchtreaktion ausgeschüttet wird. Cortisol ermutigt Ihren Körper, die schnelle, einfache Glukose als Brennstoff zu verwenden.

Da das Insulin so hart arbeitet, um den Zucker so schnell wie möglich aus dem Blutkreislauf in die Zellen von Carron zu befördern, würde ihr Blutzuckerspiegel anschließend plötzlich abfallen, und sie würde sich in etwa 2 Stunden sehr hungrig und müde fühlen, was sie dazu veranlassen würde, sich einen Cappuccino und ein Stück Toast zu holen! Und so setzt sich der Kreislauf von Blutzuckerspitzen und - abstürzen fort, so dass Carron sich hungrig und müde fühlt und immer dicker wird ... während Constanze wahrscheinlich weitere 4 Stunden lang nicht einmal an Essen denken würde.