Wieso tret’ ich als Mutter doch immer wieder in den Kuhfladen?

Vor einigen Wochen war ich wieder auf einem Meditations- und Yoga-Retreat, bei einem liebenswürdigen Lehrerpaar, das ich seit drei Jahren/jährlich besuche.  

Schon im Bus dorthin traf ich Annina, die gerade für den von mir mitgegründeten Verein MoMentoSwiss ein Achtsamkeitsprogramm für Eltern erarbeitet. Das Thema Mutter-Sein beschäftigt mich eigentlich in jedem Retreat. Obwohl ich als Mutter wirklich alles versuche, um die Prinzipien der Liebe und des Mitgefühls im Alltag anzuwenden, falle ich immer wieder hinter meinen Erwartungen zurück. Die Kids holen zwar meistens das Beste aus mir heraus. Aber es kommen eben auch unweigerlich alle Knörzel und Schwächen zum Vorschein.  

Ich nutzte die Mittagspausen, in denen wir sprechen und durch die schöne Landschaft wandern durften, um mich mit Annina zu diesem Thema auszutauschen. Vorbei ging es an sorgfältig «gepützelten» alten Holzhäuschen mit ausladenden Geranien vor den Fenstern und Rosen im Garten. Manche hatten so schöne Anschriften wir «Schwiezerhüüsli» oder «unser Paradis auf Erden». Ab und an musste man quer über eine Kuhweide und ich passte sorgfältig auf, nicht wieder – wie beim letzten Mal Heidelbeerensuchen mit meinem Schwiegervater – auf einem Kuhfladen auszurutschen. Immerhin habe ich in Sachen Kuhfladen und Wiesen etwas dazu gelernt! 

Annina fragte mich, ob ich mir denn auch vorstellen könnte, das Elternprogramm zu unterrichten? Ich lehnte ab: Ich kann also wirklich keine Elternprogramm unterrichten, ich bin echt keine Erziehungsexpertin! Ich kann den Eltern nur beibringen, wie man damit fertig wird, dass man sich so viel Mühe gibt und doch immer wieder scheitert." 

Aber genau darum geht es doch!, erwiderte Annina, überrascht. 

Sie erklärte mir, dass die meisten Eltern heute extrem hohe und zugleich diffuse Ansprüche an sich selbst hätten. Da die Elternschaft ja «frei» gewählt und oft ein «Glücksprojekt» sei, denken vielen Eltern, dass es immer happy-peppy zugehen sollte zu Hause. Dass sie immer die richtige Antwort und den richten Ton finden. Erziehungsratgeber dazu gibt es noch und nöcher, aber keinen Konsens, was gutes Elternsein eigentlich ist.  

Diese Gedanken wanderten durch meine Meditationen, Yoga Sessions und die Spaziergänge in Stille, die den Rest des Tages prägten. Was bedeutet das für mich? Ich habe in den letzten 10 Jahren viel daran gearbeitet, meine Schwächen und Stärken einzugestehen und inneres Mitgefühl und Gelassenheit zu kultivieren. Ich denke mittlerweile, dass man seinen Kindern vielleicht gar keinen grösseren Gefallen tun könnte, als alle Vorstellungen des «perfekten» oder auch nur «halb perfekten» Mutterseins loszulassen. Viel wichtiger ist es, den Kindern zu zeigen, dass ich zu meinen Fehlern stehe und  wie ich daraus lerne. Und ihnen immer wieder zu vermitteln, dass ich sie liebe, auch wenn ich verärgert bin, frustriert oder in der Hitze des Moments gegen meine Werte handle.

So übe ich mich in mütterlicher Gelassenheit. Und je mir ich mir selbst vertraue, umso leichter werde ich auch ihnen das unabdingbare Grundvertrauen in ihr eigenes Leben mitgeben:  Meine liebsten Kinderlein, ihr werdet euren Weg schon finden.